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Der DSV und die Suche nach dem Heilsbringer

Wo ist der schwimmende Beckenbauer?

FREIBURG (gg). Irritationen beseitigen ist wie Glasscherben einsammeln: Selbst wenn man sich die größte Mühe gibt, kann etwas übersehen werden und bleibt dann als Bodensatz haften.

Christa Thiel ist seit zwei Wochen und mindestens bis März 2001 neue Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), nachdem der bisherige Amtsinhaber Rüdiger Tretow zurückgetreten war – gescheitert an seinem liberalen Führungsstil, der ihm als macht- und hilflos ausgelegt wurde. Der Gymnasiallehrer aus Münster ging, als ihm bei der DSV-Hauptausschuss-Sitzung die versammelten Landesverbandschefs die Gefolgschaft verweigerten. Tretow wollte ihnen mehr Geld für den unter chronischer Finanzknappheit leidenden DSV abringen und gleichzeitig seinen wenig autoritären Stil beibehalten.

Christa Thiel, die Rechtsanwältin aus Wiesbaden, macht auch nicht den Eindruck, als ob sie nur dann ein glücklicher Mensch wäre, wenn sie anderen etwas vorschreiben kann. Doch sie hält sich für ?sturmerprobt? durch ihren Beruf. Zumindest bei den Verhandlungen mit Geldgebern glaubt sie, ?ein gutes Ergebnis? erzielt zu haben. Wenn demnächst Verträge unterzeichnet werden, dann ist der DSV zwar weiterhin nicht auf Rosen gebettet. ?Aber unsere Perspektivplanung im Olympia-Zyklus bis zum Jahr 2004 steht auf einer gesunden Basis?, verkündete die Interims-Chefin des 600'000 Mitglieder zählenden Verbandes bei der deutschen Kurzbahn-Meisterschaft in Freiburg.

Der DSV, durch das schwache Abschneiden der Mannschaft bei den Olympischen Spielen in Sydney und den daraus resultierenden Querelen zwischen Bundes- und Heimtrainern in eine defensive Position gedrängt, will jetzt zum großen Schlag ausholen. Dabei soll, so hat es den Anschein, ein Rundum-Glücklich-Paket geschnürt werden; obwohl keiner so recht weiß, was geschehen muss, um die bei Olympia enteilte Weltspitze wieder einzuholen.

Die neue DSV-Präsidentin versucht?s zunächst einmal damit, Irritationen zu beseitigen. Winfried Leopold, Teamchef, Cheftrainer und Vorsitzender der Fachsparte Schwimmen im DSV, sei weder abberufen worden noch hätten sich Änderungen bezüglich seines Tätigkeitsfeldes ergeben. Leopold habe lediglich von sich aus das Angebot unterbreitet, die Funktion des Teamchefs abzugeben – bis auf weiteres darf er sich aber neben den anderen Bezeichnungen auch noch Teamchef nennen.

Dennoch geht der DSV in dieser Woche auf die Suche nach einem neuen Heilsbringer, wenn die gekoppelte Stelle Cheftrainer/Sportdirektor ausgeschrieben wird. Falls sich ein Bewerber aus Deutschland oder dem Ausland findet, der es sich zutraut, den zerstrittenen Haufen (Bundestrainer contra Heim- und Landestrainer) wieder auf Linie zu bringen, dann kann es laut Christa Thiel ?mit dem Leistungsschwimmen wieder bergauf gehen?.

Gesucht wird also ein Franz Beckenbauer für den Schwimmsport. Einer, der Charisma hat. Einer, der immer alles besser weiß und besser macht. Und wenn er dann noch die Gabe besitzt, alle zu überzeugen (obwohl er es bei objektiver Betrachtung vielleicht gar nicht besser weiß und nicht besser macht als andere), dann könnte sogar beim gebeutelten DSV noch vor Weihnachten das Stimmungsbarometer auf ?Kaiserwetter? ausschlagen. Vielleicht sieht Christa Thiel aber auch nur rosige Zeiten, weil sie welche sehen möchte.

aus der Badischen-Zeiutung vom 4. Dezember 2000

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